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„Einfach kurz die Luke auf?“: Wasserschutzpolizei zu illegaler Fäkalentsorgung von privaten Schiffen

Werder (Havel), 28.07.2024 – Ein Wochenende auf der Havel. Mit dem Boot. Herrlich. Was aber passiert eigentlich mit der kritischen Masse, die dabei durch das Bord-Klo wandert? Wird gesammelt im Fäkalientank und später an der Absauganlage abgepumpt. So zumindest will es das Gesetz.

Leidenschaftliches Gespräch jüngst in geselliger Bootstouristen-Runde: „Manche haben Hunderttausende für ihr Boot bezahlt und sind dann zu geizig, die paar Euro für die Absaugung zu bezahlen“. Der Vorwurf: Es gebe nicht wenige Bootsführer, die stattdessen „einfach mal kurz die Luke aufmachen“, um den Inhalt ihres Abwassertanks direkt in die Havel zu entsorgen.

Eine krasse Geschichte, bei Lichte betrachtet erstmal jedoch nicht mehr als reine Spekulation. Wen aber müsste man fragen, wenn man diesem Gerücht trotzdem wenigstens ansatzweise auf den Grund gehen will? Zunächst wohl die Wasserschutzpolizei, weil sie die Situation auf der Havel und ihren Seen am ehesten im Blick hat. 

Lesen Sie hier die Antworten auf einen Fragenkatalog, den das Lokalblog werderanderhavel.de am 10. Juli 2024 an die Wasserschutzpolizei Brandenburg geschickt hat. Übermittelt am 21. Juli von Polizeipressesprecherin Ariane Attrodt.

werderanderhavel.de: Welche Mittel und Möglichkeiten nutzt die Wasserschutzpolizei, um illegale Fäkalienentsorgung in Flüssen oder Seen durch private Bootsführer zu überwachen oder ihr nachzugehen?

Polizeisprecherin Ariane Attrodt: Während des Streifendienstes achten die Bediensteten grundsätzlich auf alle nachteiligen Veränderungen im Streifenbereich, worunter auch Gewässerverunreinigungen durch u.a. ölhaltige Substanzen oder sonstige Stoffe (auch Fäkalien) zählen. Sollte eine nachhaltige Gewässerverunreinigung bekannt werden, werden ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und dem Gewässer im betroffenen Bereich Proben entnommen. Die Proben sollen zum einen die nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften nachweisen und können bei Vorliegen von Vergleichsproben bspw. aus Fäkalienbehältern, Bilgen oder Kraftstofftanks, Beweismittel gegen oder für den mutmaßlich tatverdächtigen Verursacher sein.

Grundsätzlich ist zu erwähnen, dass durch Fäkalien verursachte Gewässerverunreinigungen kein typisches und kein ungewöhnlich gehäuft auftretendes Phänomen im Streifenbereich der Wasserschutzpolizei in der Polizeidirektion West darstellen.

Welche Gesetzeswidrigkeit wird begangen, wenn ein privater Bootsführer den Inhalt seines Fäkalientanks in einen See oder einen Fluss einleitet?

Grundsätzlich ist das Einbringen von Abfällen und Abwässern in Oberflächengewässer verboten. Für die Ahndung derartiger Verstöße spielen Art und Umfang der Einleitung eine nicht unerhebliche Rolle. Bei Sachverhalten, die die Eigenschaft des Gewässers negativ beeinträchtigen, kommen dann sowohl eine Gewässerverunreinigung gem. § 324 StGB (Straftat) als auch Ordnungswidrigkeiten (bspw. Ordnungswidrigkeit nach dem Wasserhaushaltsgesetz) in Betracht. 

Wie viele polizeibekannte Fälle von illegaler Fäkalienentsorgung in Flüssen oder Seen durch private Bootsbesitzer gab es im Jahr 2023 in Brandenburg?

In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) sind für das Jahr 2023 für den Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion West, der die Landkreise Potsdam-Mittelmark, Havelland, Teltow-Fläming sowie die Stadt Brandenburg an der Havel und die Landeshauptstadt Potsdam umfasst, keinerlei Sachverhalte im Sinne Ihrer Anfrage erfasst.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle noch, kurz einige grundsätzliche Informationen zur Übermittlung von Zahlen aus der Polizeilichen Kriminal-Statistik (PKS) mitzuteilen.

Bei der PKS handelt es sich um eine sogenannte Ausgangsstatistik, die nach bundesweit einheitlichen Richtlinien geführt wird. Welche das sind, finden Sie auf der Internetseite des Bundeskriminalamtes.

„Ausgangsstatistik“ bedeutet dabei, dass hier „Fälle“ aufgeführt sind, die im genannten Jahr in die Statistik eingegangen sind auf Grund dessen, dass die polizeilichen Ermittlungen in diesen Fällen in jenem Jahr abgeschlossen wurden. Es handelt sich also nicht etwa um aufgenommene Anzeigen, die hier gezählt werden, sondern um durch kriminalpolizeiliche Ermittlungen inhaltlich geprüfte und in den Ermittlungen abgeschlossene Sachverhalte.

Setzt die Polizei tatsächlich auch Hubschrauber ein, um illegale Fäkalienentsorgung durch private Bootsführer zu überwachen oder aufzuklären?

Zur Überwachung setzt die Polizei keine Hubschrauber ein. Jedoch können zur Dokumentation und Aufklärung von begangenen Straftaten durchaus Drohnen und auch der Polizeihubschrauber zum Einsatz kommen. Der Einsatz muss jedoch im Verhältnis stehen zu Ausmaß und Nachhaltigkeit der Gewässerverunreinigung sowie geeignet und notwendig sein.

Was sollten Bürger*innen tun, die Zeuge einer illegalen Fäkalieneinleitung durch private Bootsführer werden?

Bei Anhaltspunkten, die für eine Einleitung von Abwässern oder sonstigen Stoffen in die Gewässer sprechen, kann sich jeder Bürger an die Wasserschutzpolizei oder das Ordnungsamt wenden. Als besonders hilfreich erweist es sich, wenn durch die Melder Kennzeichnung sowie eine Beschreibung des verdächtigen Verursacher-Fahrzeuges mitgeteilt werden können. Bei in Fahrt befindlichen Fahrzeugen ist zudem die Abgangsrichtung von Bedeutung. Eine sofortige Information der Behörden ermöglicht zudem die Beweismittelsicherung, also die Probenentnahme und die Veranlassung ggf. nötiger Beseitigungsmaßnahmen, um ein Ausbreiten zu verhindern.

Woran kann man das überhaupt erkennen?

Das Erscheinungsbild von Gewässerverunreinigungen kann sich stark voneinander unterscheiden. Zusätzlich zur Optik der Einleitungen kann auch der eigene Geruchssinn weitere Anhaltspunkte für mögliche Fäkalieneinleitungen geben. Wobei jedoch beachtet werden sollte, dass auch natürliche Prozesse in Gewässern zu übelriechenden Verunreinigungen führen können.

Nachtrag § 324 StGB Gewässerverunreinigung

Absatz 1: Wer unbefugt ein Gewässer verunreinigt oder sonst dessen Eigenschaften nachteilig verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Absatz 2: Der Versuch ist strafbar.

Absatz 3: Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Zum § 324 StGB Gewässerverunreinigung beim Bundesjustizministerium geht es hier.