Erhard Schulz und Wilfried Krüger, beide 75, sind seit sechs Jahrzehnten Teil der Feuerwehr Werder (Havel). Ihre Geschichte erzählt vom Wandel des Einsatzgeschehens, von technischer Entwicklung – und einer langen Kameradschaft. Aufgeschrieben hat sie das Rathaus für eine Medieninfo vom 1. Dezember 2025. Bild und Bildquelle: Stadt Werder/Havel.
Bernd Reiher, 20.12.2025, 13:08 Uhr
Sechzig Jahre Feuerwehr – und eine Freundschaft, die geblieben ist
Sie kennen sich seit der Schulzeit, brachten sich gemeinsam ein und sie wurden nun gemeinsam geehrt: Erhard Schulz und Wilfried Krüger, beide 75, haben vom Land Brandenburg die Medaille für treue Dienste in Gold in Anerkennung 60-jähriger Pflichterfüllung in der Freiwilligen Feuerwehr Werder (Havel) erhalten. Zwei Kameraden, die über Jahrzehnte hinweg erlebt haben, wie sich Feuerwehrdienst, Technik und Einsatzgeschehen verändert haben.
Von der Schulbank ins Gerätehaus
Ihr Anfang liegt 1962 in der Arbeitsgemeinschaft „Junge Brandschutzhelfer“. Dort übten bis zu zwanzig Jungen und Mädchen Feuerwehrknoten, den Umgang mit der Kübelspritze und den Löschgruppenaufbau. „Jeder wollte zu den Neun gehören, die bei den Wettkämpfen die Löschgruppe stellten“, erinnert sich Erhard Schulz. Daraus wuchsen Freundschaft und eine frühe Bindung zur Feuerwehr.
1965 begann die aktive Dienstzeit. Wilfried Krüger erinnert sich daran, wie beengt der Dienst damals war: das kleine Depot hinter der Polizei, zwei Fahrzeuge, rußige Garagenluft und Sirenen, die später der Funkalarmierung und schließlich den digitalen Pagern wichen. Den Löschfahrzeugen folgten die Einsatzkräfte in jenen Jahren noch mit Fahrrad, Moped oder Trabant.
Einsätze, die im Gedächtnis bleiben
Zu den frühen Bildern gehören die Böschungsbrände entlang der Bahnstrecke. Der Funkenflug der Dampflokomotiven oder heißer Bremsen setzte Gräser in Brand, oft blieb nur der Spaten zum Löschen. Gewitterlagen prägten den Sommer: Wenn der Himmel schwarz wurde, traf man sich im Gerätehaus zur Bereitschaft – auf den Hängerdeichseln sitzend und bereit zum Helfen.
Andere Situationen blieben aus politischen Gründen in Erinnerung. Als das Dach des Kesselhauses vom VEB Vulkanfiber an einem Wahlsonntag brannte, wurde dahinter der Klassenfeind vermutet, die Feuerwehr stand unter Beobachtung der Polizei. Auch der 9. November 1989 hat sich eingeprägt: Vor dem Ausbildungsdienst lief der Fernseher, doch Schabowskis Worte zogen vorbei, ohne dass jemand die Tragweite erkannte.
Neue Räume, neue Aufgaben
Ein Einschnitt in der Geschichte der Werderaner Feuerwehr war der Umzug ins neue Gerätehaus in der Kemnitzer Straße. Erhard Schulz erhielt dort eine der fünf Dienstwohnungen und lebte dort mit seiner Familie 30 Jahre. Bei Wilfried Krüger zeigte sich die besondere Bindung zur Feuerwehr auf eine ganz andere Art: Er wurde nach seiner Lehrausbildung Mitglied der Berufsfeuerwehr Potsdam und war dort, parallel zur Freiwilligen Feuerwehr Werder (Havel), bis zur Rente tätig.
Der erste Einsatz vom neuen Depot ließ nicht lange auf sich warten: 1973 brannte die Mühle auf der Insel, ein Ereignis, das der ganzen Stadt im Gedächtnis blieb. Wenige Jahre später gehörten die Werderaner zu den ersten Einsatzkräften bei einem der schwersten Brände der Region – dem Waldbrand bei Seddin 1976, bei dem die Flammen bis über die Autobahn sprangen.
Die Stadt war immer auf ihre Feuerwehr angewiesen. Ende der 1970er-Jahre verpflichtete der Rat der Stadt Werderaner Bürger sogar zu drei Jahren Feuerwehrdienst, weil Personal fehlte. Einige erfüllten ihn pflichtschuldig, andere entdeckten dabei ihre Leidenschaft für die Feuerwehr – und blieben viele Jahre.
Mehr Einsätze, neue Technik und starke Gemeinschaft
Mit der Wende verdoppelten sich die Einsatzzahlen, vor allem wegen des Unfallgeschehens auf der Autobahn. Massiver Verkehr, fehlende Leitplanken und ältere Fahrzeuge sorgten für schwere Lagen. „Wir haben viele tödliche Unfälle erlebt“, sagt Erhard Schulz. Der Austausch nach solchen Einsätzen war wichtig, um die Bilder zu verarbeiten: Man fuhr nicht einfach nach Hause, man sprach miteinander.
Parallel veränderte sich die Technik rasant. 1991 bekam die Feuerwehr ihren ersten hydraulischen Rettungssatz – ein Spreizer und eine Schere. Damit begann eine neue Qualität der technischen Hilfeleistung. 1992 stiftete die Firma Herbstreit & Fox der Wehr ihr Tanklöschfahrzeug 16/22 GMK-W50 (Baujahr 1988), das zuvor bei der Betriebsfeuerwehr des Pektinwerkes stand.
Auch für die Autobahn ausgestattet
Ab 1994 verbesserte sich die Ausrüstung Schritt für Schritt: Ein Tanklöschfahrzeug 16/46 von Magirus mit 4600-Liter-Tank und einem zusätzlichen hydraulischen Rettungssatz kam dazu, ebenso ein neuer Rüstwagen. Damit war Werder adäquat für das wachsende Einsatzgeschehen auf der Autobahn ausgestattet.
Auch schwere Lagen gehören zu den Erinnerungen. 2004 brannte eine Lagerhalle. Bei der Lageerkundung explodierten zwei Gasflaschen, der Einsatzleiter Stephan Kranig wurde schwer verletzt. Er erholte sich vollständig – und ist heute Stadtwehrführer.
Erhard Schulz und Wilfried Krüger gehören derweil seit 2008 und 2010 zur Alters- und Ehrenabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Werder (Havel). Sie haben eine Feuerwehr erlebt, die aus engen Garagen herausgewachsen ist, sich technisch weiterentwickelt hat und deren Stärke immer im Miteinander lag.
