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SPD zum Thermenumfeld: „Behutsame Entwicklung“ statt „Bauen ohne Kompass“

Auf den Brachen vor der Therme war, bis auf Zirkus und Parkplatznutzung, lange Zeit Ruhe. Dass hier irgendwann nochmal ein großer Bauhammer kommen wird, war nicht nur angesichts der Lage dieser Flächen klar, sondern auch gewollt.

Bernd Reiher, 17.11.2025, 11.52 Uhr

In der dritten Novemberwoche haben Stadtverwaltung und Investoren nun erstmals Pläne veröffentlicht, die nicht nur umfangreich sind, sondern gerade wegen ihres Fortschritts für überraschte Gesichter im Bauausschuss am 12. November sorgten. Zu diesen Plänen lesen Sie nachfolgend eine am 13. November verschickte Stellungnahme der Werderaner SPD.

Bauen ohne Kompass? SPD-Fraktion fordert behutsame und sozialverträgliche Entwicklung des Thermenumfelds

Während CDU, FDP, BBT und AfD den Ausbau der Havelauen als großen Wurf feiern, mahnt die SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung Werder (Havel) zu einem realistischen Blick auf Chancen und Risiken.

Die SPD befürwortet, dass das Areal zu Wohn- und Geschäftszwecken entwickelt wird, aber wesentliche Voraussetzungen sind aus unserer Sicht nicht berücksichtigt worden.

„Wir haben es hier mit einem Vorhaben von enormer Tragweite zu tun – aber ohne klares Gesamtkonzept, ohne belastbare Gutachten und ohne erkennbare städtische Leitlinie. Wer heute zustimmt, ohne die langfristigen Folgen für Stadtentwicklung, Tourismus und Verkehr zu kennen, handelt fahrlässig.“
Anika Lorentz, Fraktionsvorsitzende SPD

Vier Investoren – aber keine gemeinsame Leitidee

Nach den vorliegenden Plänen der Stadtverwaltung und privater Investoren – STRABAG Real Estate, MCG blueorange sowie Schauer & Co – sollen im Umfeld der Haveltherme über 400 Wohnungen, ein Hotel und ergänzende Gewerbeflächen entstehen.

Grundsätzlich begrüßt die SPD-Fraktion, dass unbebaute Flächen sinnvoll genutzt werden sollen. Doch die Entwicklung müsse koordiniert, sozialverträglich und zukunftsfest gestaltet werden.

„Es geht hier nicht nur um Baublöcke, sondern um die Zukunft eines ganzen Stadtteils. Momentan präsentiert die Verwaltung vier Einzelentwürfe nebeneinander – ohne gemeinsame städtebauliche Vision, ohne verbindliche Kriterien für Nutzung, Verkehr, Freiraumgestaltung oder soziale Infrastruktur.“
Marcus Paproth, Ausschuss-Mitglied

Die SPD fordert daher ein integriertes städtebauliches Gesamtkonzept, das Wohnen, Tourismus, Infrastruktur und Nachhaltigkeit als zusammenhängende Einheit betrachtet – statt isolierte Projekte im Eiltempo zu genehmigen.

Das beschleunigte Verfahren nach § 13a BauGB, das keine Umweltprüfung vorsieht, sei dem Standort in seiner Bedeutung nicht angemessen.

Behutsame Entwicklung statt Schnellschuss

Die SPD-Fraktion setzt auf Qualität vor Tempo. Eine behutsame Entwicklung solle sicherstellen, dass die Havelauen langfristig lebenswert bleiben – mit Grünflächen, öffentlichen Zugängen zum Wasser und einer klaren verkehrlichen Erschließung

„Nachhaltige Stadtentwicklung bedeutet, die Balance zu halten: zwischen Wohnen, Erholen, Arbeiten und Natur,“ betont Lorentz. „Das ist nur möglich, wenn wir zuerst die Grundlagen klären – und nicht im Eiltempo Entscheidungen treffen, die wir später bereuen.“

Die SPD will, dass die Stadt mit den Investoren eine vertragliche Grundlage schafft, die ökologische Standards, Lärmschutz, Verkehrsmaßnahmen und soziale Infrastruktur sichert, bevor der Bebauungsplan verabschiedet wird.

Tourismus stärken, statt verdrängen

Die Fraktion warnt davor, den touristischen Charakter des Thermenumfelds zu gefährden. Wohnbebauung direkt neben der Haveltherme könne künftige Erweiterungen oder ergänzende Freizeitangebote faktisch verhindern.

„Sobald dort Wohnungen stehen, ist jede Erweiterung oder Ergänzung der Therme durch Lärm- und Nutzungskonflikte ausgeschlossen,“ warnt Lorentz. „Wir vergeben damit die Chance, Werder als touristischen Schwerpunkt mit überregionaler Strahlkraft weiterzuentwickeln.“

Die SPD regt an, den Anteil touristischer Nutzungen – etwa Gastronomie, Freizeitangebote und kleine Läden entlang der Promenade – wieder zu erhöhen, um den Standort lebendig zu halten und den Tourismus zu stärken.

Sozialverträgliche Entwicklung – Investoren in die Pflicht nehmen

Zentrales Anliegen der SPD ist eine sozial ausgewogene Entwicklung. Die Fraktion kritisiert, dass die Vorlage keine verbindlichen Regelungen zu bezahlbarem Wohnraum oder sozialer Infrastruktur enthält.

In der Informationsvorlage heißt es lediglich, man befinde sich „im Austausch hinsichtlich der Bereitstellung von Kita- und Schulplätzen“ – für die SPD zu vage und zu einseitig.

„Das ist geradezu absurd – nicht die Stadt muss liefern, sondern die Investoren,“ erklärt Nadine Lilienthal, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Bewohnerin der Havelauen. „Wir wollen klare Auflagen, damit private Bauträger echte Verantwortung übernehmen: für Kitas, Begegnungsräume, ärztliche Versorgung und bezahlbare Wohnungen.“

Die SPD schlägt vor, im Bebauungsplan verbindlich festzuschreiben, dass ein Anteil der neuen Wohnungen beleggebunden – also sozial gefördert und preisreduziert – vermietet werden muss. Nur so könne verhindert werden, dass in den Havelauen ein weiteres hochpreisiges Quartier ohne soziale Durchmischung entsteht.

Ein fairer Ausgleich zwischen Wohnen und Lebensqualität

Die SPD-Fraktion fordert die Stadtverwaltung auf, die Planungen zurück in die Ausschüsse zu verweisen – mit dem klaren Auftrag,

  • ein integriertes städtebauliches Konzept für das Thermenumfeld zu erarbeiten,
  • verbindliche Umwelt-, Verkehrs- und Lärmgutachten vorzulegen,
  • den Anteil touristischer Nutzungen zu prüfen,
  • und soziale sowie ökologische Standards – inklusive belegungsgebundener Wohnungen –

verbindlich festzuschreiben.

„Wer Nachhaltigkeit ernst meint, darf sie nicht der Eile opfern,“ so Paproth. „Die SPD will Stadtentwicklung mit Augenmaß: bezahlbarer Wohnraum, ökologische Standards, öffentliche Räume und eine gesicherte Zukunft für die Haveltherme als touristisches Herz Werders.“

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