Werder (Havel), 05.06.2024 – Am Sonntag wird gewählt. Zur Wahl steht dabei auch das Kommunalwahlprogramm der Werderaner SPD. Themen darin sind unter anderem der Plessower See und seine Zukunft, negative Auswirkungen des Bootstourismus, Rufbusse für Petzow und Plessow sowie das Thermenumfeld.
Weil die Vorhaben im Programm nur kurz angerissen werden konnten, hat das Lokalblog werderanderhavel.de dem Ortsverband einige Fragen mit der Bitte um nähere Erläuterung geschickt. Die Antworten kamen von Anika Lorentz.
werderanderhavel.de: „Wir werden den Bau des Tunnels Phöbener Straße forcieren, nur so kann das tägliche Warten an den Schranken und die kilometerlangen Staus ein Ende haben“ heißt es im SPD-Kommunalwahlprogramm. Wie wollen Sie den Tunnelbau forcieren? Wo sehen Sie Ansatzpunkte, den Tunnelbau zu beschleunigen?
Anika Lorentz: Der Tunnelbau in Werder an der Phöbener Straße ist ein langwieriges infrastrukturelles Vorhaben, das darauf abzielt, die Verkehrsbelastung durch den Bahnübergang auf der Phöbener Straße zu reduzieren. Der Bahnübergang führt derzeit zu erheblichen Verkehrsproblemen, einschließlich langer Wartezeiten und Staus, was sowohl für Pendler*innen als auch für Anwohner*innen belastend ist. Mit einem Planungszeitraum von mehr als 30 Jahren sind viele Planungsschritte nicht energisch angegangen worden und mussten anderen Großprojekten nachstehen.
Die SPD Werder setzt sich dafür ein, dass das Thema Tunnelbau ein fester Tagesordnungspunkt im neuen Stadtentwicklungsausschuss sein wird. Nur wenn alle Stadtverordnete das Thema regelmäßig auf dem Tisch haben, können wir mögliche Planungsschritte begleiten und forcieren.
werderanderhavel.de: Zum Plessower See steht im Programm „Wir werden den Wasserhaushalt und ökologischen Zustand des Plessower Sees verbessern“. Welche Gründe sind aus Ihrer Sicht maßgeblich für den sinkenden Wasserstand? Was konkret wollen Sie tun, um den Wasserhaushalt zu verbessern?
Anika Lorentz: “Wir stecken in einer Wasserkrise” titelte die AG Wasser im Landkreis Sommer 2023. Da macht Werder mit seinen Seen, insbesondere dem Plessower See, keine Ausnahme.
Zur Verbesserung des ökologischen Zustands des Sees ist unter anderem die Reduzierung der Nährstoffeinträge durch Auswaschung aus der Landwirtschaft sowie durch Drainagen erforderlich. Auch wenn sich der Wasserstand des Sees aufgrund der Niederschläge seit 2020 wieder etwas erholt hat, ist absehbar, dass mit dem zunehmenden Klimawandel sich die Wassermangelsituation verschärfen wird.
Der BUND und der „AK Großer Plessower See“, in dem sich drei SPD-Mitglieder und zwei StadtMitGestalter befinden, sehen zwei Ursachen: Erstens die globale Erwärmung und zweitens hohe (Grund)wasserentnahmen für Trink- und Brauchwasser. Daraus ergeben sich zwangläufig unter anderem folgende Maßnahmen, die wir als SPD-Ortsverein unterstützen.
Erstens: Landwirtschaft, industrielle Verbraucher und Privathaushalte entnehmen den grundwassergespeisten Oberflächengewässern viel mehr Wasser, als sich in Zeiten des Klimawandels neues Grundwasser bilden kann. Flächenentsiegelung hat selbstverständlich Vorrang vor Neuversiegelung – Niederschläge müssen lokal versickern können.
Zweitens: In Trockenphasen muss auch das Trinkwasser rationiert werden können. Es ist eine Höchstmenge für den Trinkwasserverbrauch für Unternehmen und Haushalte festzulegen. Bei den Haushalten richtet sich die Menge nach der Personenzahl. Viele Wasserversorger haben in ihren Satzungen noch keine Möglichkeiten dafür vorgesehen. Dafür möchten wir Lösungen finden.
Da das Krielower Bruch hydrologisch abhängig von Wasser des Großen Plessower Sees ist, arbeiten wir auch weiter daran, hier einen gute Wassermengensteuerung in das Bruch zu gewährleisten. Ganz besonders auch, weil der Schutz von Mooren eine der besten Möglichkeiten ist, dem Klimawandel entgegenzuwirken.
werderanderhavel.de: „Wir werden negative ökologische Auswirkungen des Bootstourismus verringern“ ist ein Ansatz, den meines Wissens keine andere Partei im Programm hat. Welche negativen Auswirkungen meinen Sie konkret und wo wollen Sie dabei ansetzen?
Anika Lorentz: Wassersport nimmt weltweit immer mehr zu. Unser Kandidat Dr. Ralf Köhler hat im Auftrag des LfU Brandenburg zusammen mit der Universität Konstanz am Bodensee einen Forschungsantrag an die Deutsche Bundesstiftung Umwelt gestellt, den die DBU angenommen hat. Förderzeitraum ist 1. Juli 2021 bis 30. September 2024 (inzwischen um 3 Monate verlängert).
Das Forschungsprojekt SuBoLakes (Sustainable Boating on Lakes in Germany) untersucht die Bedingungen einer umweltverträglichen Freizeitschifffahrt auf Seen in Deutschland. Das Kooperationsprojekt wird von der Arbeitsgruppe Umweltphysik am Limnologischen Institut der Universität Konstanz und dem Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU, Abt. Wasserwirtschaft/ Flussgebietsmanagement, Gewässerentwicklung) gemeinsam durchgeführt.
Ziel des Projekts ist es, die ökosystemaren Auswirkungen der stark zunehmenden Fahrgast- und Freizeitschifffahrt auf Seen umfassend zu analysieren, Szenarien unter Einbeziehung der Belastungsgrenzen zu entwickeln und Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Da Ende 2024 das Projekt Handlungsempfehlungen abgeben wird, um die negativen ökologischen Effekte des Boossports abzumildern, war für den SPD-Ortsverein klar, dass wir uns mit diesen Ergebnissen auseinandersetzen und versuchen werden, dass wir auf kommunaler Ebene gemäß der zu erwartenden Handlungsempfehlungen, das umsetzen, was in der Kommune umgesetzt werden kann.
„Wir werden das touristische und städtebauliche Umfeld der Therme weiterentwickeln“ steht zum Thema Therme im Programm. In der Vergangenheit ist in den Havelauen städtebaulich einiges schiefgegangen. Was ist Ihr Ansatz und der des Ortsverbandes für das Thermenumfeld? Wie sollten sich diese kostbaren Flächen aus Ihrer Sicht städtebaulich entwickeln?
Anika Lorentz: Die Therme ist seit jeher ein kontroverses Thema in Werder. Die SPD Werder erkennt den touristischen Wert der Therme für die Stadt an, kann jedoch die jüngste Einschätzung der Bürgermeisterin, dass es sich um einen vollen Erfolg handelt, nicht teilen. Tatsächlich belastet die Therme den städtischen Haushalt jährlich mit mindestens 400.000 Euro. Zudem fehlen belastbare wirtschaftliche Kennzahlen, um eine fundierte monetäre Bewertung vorzunehmen.
Das Umfeld der Therme liegt derzeit brach und erfordert eine sinnvolle Nutzung. Dieses Areal bietet vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten. Klar ist: Nur durch die aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie einen kreativen Gestaltungswettbewerb kann dieser Ort so weiterentwickelt werden, dass er den Bedürfnissen und Wünschen der Werderanerinnen und Werderaner gerecht wird. Wir setzen uns dafür ein, dass dieses Gebiet in den nächsten fünf Jahren zu einem Ort der Begegnung und Erholung wird, immer unter Berücksichtigung von Natur und Umwelt.
Die Werderaner SPD schlägt Rufbusse für die bessere Mobilitätsversorgung der Ortsteile vor. Partner wäre dann wohl regiobus pm. Haben die überhaupt Rufbusse im Angebot? Wie soll dieser Vorschlag mit den Rufbussen für Petzow, Glindow und Plessow funktionieren?
Regiobus bietet innovative Rufbusse an, die als Teil des flexiblen öffentlichen Nahverkehrs in ländlichen Regionen dienen. Diese maßgeschneiderte Lösung gewährleistet eine bedarfsgerechte und kosteneffiziente Anbindung weniger frequentierter Gebiete wie Töplitz, Plessow und Petzow. Im Gegensatz zu traditionellen Linienbussen operieren Rufbusse nicht nach einem festen Fahrplan, sondern fahren nach vorheriger Anmeldung der Fahrgäste.
In Kooperation mit dem Landkreis erachten wir die folgenden Schritte als umsetzbar:
Zunächst sollten die spezifischen Bedürfnisse der Ortsteile Petzow, Glindow und Plessow ermittelt werden. Dies könnte durch Umfragen oder die Analyse der aktuellen Nutzungsmuster des öffentlichen Nahverkehrs erfolgen.
Auf Grundlage der gesammelten Daten könnte ein Rufbussystem entwickelt werden, das diese Ortsteile zu bestimmten Zeiten oder nach Bedarf mit zentralen Knotenpunkten wie dem Bahnhof in Werder verbindet. Dies würde eine flexible und effiziente Anbindung gewährleisten, insbesondere während der Randzeiten oder auf weniger frequentierten Strecken.
Regiobus, als erfahrener Anbieter, könnte die operative Umsetzung übernehmen. Hierfür müssten Details wie Buchungssysteme, Fahrpläne und Haltepunkte festgelegt werden. Durch die Nutzung der Infrastruktur und Erfahrung von Regiobus pm könnten die Rufbusse nahtlos in den regionalen Nahverkehr integriert werden.
Fahrgäste könnten die Rufbusse telefonisch oder über eine benutzerfreundliche Online-Plattform buchen. Es wäre essentiell, eine intuitive Schnittstelle bereitzustellen, die es den Nutzern ermöglicht, ihre Fahrten einfach und flexibel zu planen.