Persönliche Erklärungen sind nicht die Grundzutat einer Sitzung der Stadtverordneten in Werder. Bei der SVV am 30. September jedoch gab es ihrer gleich drei: von Markus Altmann (Grüne), Dieter Dörflinger (Stadtmitgestalter) und Anika Lorentz (SPD).
Bernd Reiher, 17.10.2025, 21.31 Uhr
Im Kern aller drei ging es um Äußerungen der Bürgermeisterin auf der SVV am 12. Juni. Nachzulesen sein sollten die eigentlich im Protokoll. Das ist zwar mittlerweile veröffentlicht, hat aber dummerweise ein Loch just an jenem Tagesordnungspunkt, der am 30. September in persönlichen Erklärungen von gleich drei Stadtverordneten moniert wurde.
Der Kontext zu dieser Angelegenheit erschließt sich halbwegs in den Persönlichen Erklärungen von Dieter Dörflinger und Markus Altmann. Sie sind zu finden auf den Websites der Stadtmitgestalter und des Werderaner Stadtverbandes B90/Grüne.
Für einen Beitrag zum Thema wurde auch der Bürgermeisterin die Möglichkeit gegeben, sich in einer Stellungnahme zu äußern. Eine entsprechende Anfrage von werderanderhavel.de vom 7. Oktober blieb bis zum 17. Oktober jedoch unbeantwortet. Sollte sie noch kommen, wird sie natürlich auf werderanderhavel.de veröffentlicht.
Worum es eigentlich geht? Ich selber war nicht dabei, das Protokoll hat eine Lücke, die Bürgermeisterin schwieg auf der SVV und bisher auch gegenüber werderanderhavel.de. Da es sich trotzdem um einen Vorgang von öffentlichem Interesse handelt, lesen Sie nachfolgend, um wenigstens halbwegs im Bilde zu sein, mehr in der Persönlichen Erklärung von Anika Lorentz auf der SVV am 30. September, in einer Pressemitteilung vom 1. Oktober 2025.
Persönliche Erklärung der SPD-Fraktionsvorsitzenden Anika Lorentz in der Stadtverordnetenversammlung am 30. September 2025
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Frau Saß, liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich nehme heute Stellung zu den Ausführungen der Bürgermeisterin im Anschluss an den Tagesordnungspunkt „Bericht der Bürgermeisterin“ in unserer letzten Sitzung am 12. Juni.
Die Bürgermeisterin verlas damals Auszüge aus einer E-Mail. In dieser E-Mail schilderte eine Geschäftsfrau ein Gespräch, das ich in einem Zug geführt habe – angeblich so laut, dass alle Mitreisenden mithören konnten. Die Rede war sogar von einer möglichen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht.
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
allein schon die Art und Weise, wie dieser Vorwurf von Ihnen im Juni vorgetragen wurde, empfand ich als einen öffentlichen Angriff. Noch mehr irritiert mich aber der Verdacht, dass es sich nicht nur um eine Beobachtung handelt. Es könnte eine Audioaufnahme existieren. Sollte sich das bestätigen, wäre damit nicht nur eine Grenze des politischen Stils überschritten, sondern auch eine Grenze des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte.
Liebe Stadtverordnete,
die rechtliche Lage ist klar. Die Kommunalverfassung Brandenburg verpflichtet uns in § 31, über nichtöffentliche Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Gleichzeitig garantiert sie uns in § 30 das Recht, das Wort zu ergreifen, Anträge zu stellen und Fragen zu stellen. Diese Verschwiegenheitspflicht bezieht sich eindeutig auf vertrauliche Beratungen innerhalb der Gremien. Sie gibt aber niemandem das Recht, Stadtverordnete anhand vermeintlich privater Gespräche im öffentlichen Raum vorzuführen – schon gar nicht, wenn es um Themen geht, die ohnehin öffentliche Fakten sind: wie Haushaltsgrundsätze, Tarifregelungen oder Stellenpläne.
Wichtig ist auch: Der Bericht der Bürgermeisterin dient dazu, die Arbeit der Verwaltung darzustellen und die Stadtverordneten zu informieren. Er ist nicht dafür da, einzelne Stadtverordnete öffentlich anzugreifen. Mit dem Vorgehen vom 12. Juni haben Sie, Frau Bürgermeisterin, die Grenzen des Amtes überschritten.
Ich habe für mich entschieden, aus diesem Vorgang keinen Rechtsstreit zu machen. Ein solcher Prozess würde Zeit, Geld und Energie kosten – Ressourcen, die wir dringend für die Aufgaben unserer Stadt brauchen.
Gleichwohl fordere ich eine öffentliche Entschuldigung von Ihnen. Und ich erwarte, dass die Bürgermeisterin das, was sie von uns Stadtverordneten verlangt – einen respektvollen Umgang – auch selbst einhält.
Ich möchte noch betonen: Dieser Vorfall ist kein Einzelfall. Seit 2019 erleben wir eine politische Zusammenarbeit, die mehr von Misstrauen als von Kooperation geprägt ist. 76 Anträge und Änderungsanträge der SPD, Linke, Grüne, und SMG – viele davon mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden – wurden abgewiesen. Eine konstruktive Zusammenarbeit ist kaum erkennbar.
Nach außen hören wir viel von Gemeinschaft und Zusammenhalt. In der täglichen Arbeit aber erleben wir Ablehnung, Blockade und Abgrenzung. Das schadet nicht nur uns in der Versammlung, sondern auch dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger.